Neues aus der Wissenschaft

15.11.2018 | „Freeze all“ nur für „high responder“ sinnvoll

Eine Strategie zur Vermeidung schwerer Überstimulationssyndrome (OHSS) bei Patientinnen mit einer hohen Eizellzahl ist die Kryokonservierung aller befruchteten Zellen und der Transfer in einem späteren Kryozyklus. Da in der Literatur immer wieder die Vermutung geäußert wurde, dass außerdem eine ovarielle Stimulation mit zunehmender Höhe der Östradiolwerte einen negativen Einfluss auf das Endometrium und damit die Erfolgsraten der assistierten Reproduktion haben könnte, war die Überlegung in den letzten Jahren gerade in den USA, ggf. überhaupt nicht mehr im Frischzyklus zu transferieren, sondern das „freeze all“ auf alle Patientinnen und nicht nur auf die mit einem hohen Risiko eines schweren OHSS auszudehnen.

Interessant ist unter diesem Gesichtspunkt die gerade publizierte Auswertung des amerikanischen Registers von 82935 Zyklen (Acharya et al. Freezing of all embryos in in vitro fertilization is beneficial in high responders, but not intermediate and low responders: an analysis of 82,935 cycles from the Society for Assisted Reproductive Technology registry. Fertil. Steril. 2018; 110:880-887]).
Darin wurden die ersten Frischzyklen (n = 69102) mit den ersten Kryozyklen (n = 13833) verglichen und je nach Eizellzahl 3 Gruppen gebildet (1-5 Eizellen = “low responder”, 6-14 Eizellen = “intermediate responder” und ≥ 15 Eizellen = „high responder“).

Die „high responder“ wiesen in den Kryozyklen eine signifikant höher klinische Schwangerschafts- und Lebendgeburtenrate als in den Frischzyklen auf (61,5 vs. 57,4%; 52,0 vs. 48,9%). Konträr dazu lagen diese beiden Parameter bei den „intermediate“ (49,6% vs. 44,2%; 41,2 vs. 35,3%) und auch bei den „low respondern“ (33,2% vs. 15,9%; 25,9% vs. 11,5%) in den Frischzyklen signifikant höher als in den Kryozyklen.

Nach diesen Ergebnissen profitierten also nur die Patientinnen mit ≥ 15 Eizellen, was uns in der Strategie bestärkt, das „freeze all“ auf Patientinnen mit hohem OHSS-Risiko zu beschränken.

Prof. Dr. med. Frank Nawroth