Neues aus der Wissenschaft

01.10.2023 | PCO-Syndrom (PCOS) – Aktualisierung der internationalen Leitlinie

Die Prävalenz des PCOS liegt bei Anwendung der Rotterdam-Kriterien bei 10-13%. Das PCOS gehört damit zu den häufigsten gynäkologisch-endokrinen Erkrankungen. Aus der aktuellen Überarbeitung der evidenzbasierten internationalen Leitlinie für die Diagnostik des PCOS (Teede et al. Recommendations from the 2023 international evidence-based guideline for the assessment and management of polycystic ovary syndrome. Fertil. Steril. 2023; Aug 14: Online ahead of print) lassen sich die folgenden modifizierten Rotterdam-Kriterien für die Diagnostik ableiten:

Die diagnostische Abklärung eines PCOS erfolgt stufenweise: klinisch kann die Diagnose bereits bei Vorliegen unregelmäßiger Zyklen in Kombination mit einem Hyperandrogenismus (gemäß der Klassifikation nach dem modifizierten Schema von Ferriman-Gallwey ab Score 4-6) gestellt werden. Die Zyklusstörung wird entsprechend der aktuellen FIGO-Klassifikation (Munro et al. The FIGO ovulatory disorders classification system. Fertil. Steril. 2022; 118: 768-786) definiert: Zykluslänge < 21 oder > 35 Tage ab 3 Jahre nach der Menarche.
Bei fehlender Androgenisierung erfolgt die laborbiochemische Abklärung einer Hyperandrogenämie.

Bei unregelmäßigen Zyklen und in Abwesenheit eines klinischen oder laborbiochemischen Hyperandrogenismus kann man die Diagnose durch eine vaginale Sonographie der Ovarien mit > 20 Follikeln pro Ovar oder einem ovariellen Volumen > 10 ml stellen. Alternativ kommt infolge der zwischenzeitlich vorliegenden und in der aktualisierten Version der Leitlinie dargestellten Evidenz die Messung der AMH-Konzentration in Betracht. Bei Jugendlichen sollen weder die vaginale Sonographie noch die AMH-Messung zur Diagnose eine PCOS verwendet werden.  

Weitere Empfehlungen werden u.a. zu den folgenden Punkten ausgesprochen:

  1. Die Relevanz einer besonderen Überwachung der kardiovaskulären Risikofaktoren bei allen Frauen mit PCOS einschließlich Abklärung des Lipidprofils, Glukose-Insulin-Stoffwechsels und einer jährlichen Blutdruckmessung.
  2. Ein aktiver Lebensstil zur Unterstützung der Gewichtskontrolle stellt eine lebenslange Aufgabe dar. Hierbei wird nach derzeitiger Evidenz keine besondere Diät für Frauen mit PCOS präferiert. Auch der Prävention einer Schlafapnoe (durch Gewichtskontrolle) sowie dem Vorliegen depressiver Symptome und Angststörungen soll ein besonderes Augenmerk in der Betreuung geschenkt werden.
  3. Außerhalb eines vorliegenden Kinderwunsches ist eine Zyklusregulierung zum Schutz des Endometriums anzustreben. Diese erfolgt durch die Verordnung kombinierter Ovulationshemmer gleichzeitig auch mit antiandrogener Wirkung oder in Form von Gestagenmonopräparaten zur Endometriumtransformation. Nach einem halben Jahr kann bei fortbestehenden Androgenisierungssymptomen ein antiandrogen wirksames Präparat ergänzt werden, während der kombinierte Einsatz von Metformin insbesondere zur Erreichung der metabolischen Ziele bei Patientinnen mit einem BMI > 30 zu sehen ist. Auf den Nutzen kosmetischer Therapieoptionen soll bei Androgenisierungssymptomen ausdrücklich hingewiesen werden.
  4. Unverändert gilt die off-label Behandlung mit Letrozol nach präkonzeptioneller Optimierung als Therapie der ersten Wahl für die ovarielle Stimulation bei Kinderwunsch. Clomifen und Metformin, allein oder kombiniert, können weiterhin angeboten werden. Die Stimulation der Ovarien mit niedrigdosierten Gonadotropinen und das „ovarielle Drilling“ bleiben zusätzliche Optionen bei fehlendem Ansprechen. Eine IVF kann als Alternative mit der Patientin abhängig von Alter, Therapiedauer und Paarsituation thematisiert werden.

Sehr gut skizzierte Diagramme für die Therapie-Entscheidung sind in der Langfassung der internationalen Leitlinien des PCOS unter www.monash.edu/medicine/mchri/pcos abrufbar.

Dr. med. Raquel Pozo-Ugarte/Prof. Dr. med. Barbara Sonntag