Neues aus der Wissenschaft

15.09.2022 | Notwendigkeit einer Re-Biopsie nach Therapie einer chronischen Endometritis

Die Endometriumbiopsie zur imunhistochemischen Untersuchung von Plasmazellen im Endometrium mit Hilfe eines monoklonalen Antikörpers gegen das CD138-Antigen ist heute eine etablierte Untersuchung. Ihre Indikation bei wiederholtem Implantationsversagen und wiederholten Spontanaborten sowie der Nutzen einer antibiotischen Behandlung beruhen auf einer relativ guten, aber noch nicht ausreichenden Datenbasis und müssen weiter wissenschaftlich evaluiert werden.
Unabhängig von diesem bestehenden Klärungsbedarf ist eine unbeantwortete Folgefrage, ob im Falle einer chronischen Endometritis (cut off der „normalen“ Plasmazellzahl leider nicht einheitlich definiert) und nachfolgenden Antibiose eine Re-Biopsie (durchgeführt meist frühestens ca. 2-3 Wochen nach Therapieende) erforderlich ist. Angegeben wird – je nach Studiendaten – eine persistierende Infektion nach der ersten Therapielinie (meist 200 mg Doxycyclin/d über 14d) von etwa 5-10%. Die Patientinnen stellen daher oft die Frage nach der Notwendigkeit einer Re-Biopsie, weil diese neben den zusätzlichen Kosten auch eine Therapieverzögerung der Kinderwunsch-Behandlung bedeutet.
Interessant ist daher die nachfolgend beschriebene aktuelle Studie (Liu WJ et al. Effect of performing a new biopsy after antibiotic treatment on the outcomes of assisted reproduction in patients with infertility and chronic endometritis: A cohort study of 4,003 embryo transfer cycles. Reprod. Biomed. Online 2022; Aug 8: Online ahead of print, https://doi.org/10.1016/j.rbmo.2022.07.020).
Eingeschlossen und biopsiert wurden 4003 Patientinnen in IVF/ICSI- bzw. Kryo-Zyklen. Eine chronische Endometritis wurde bei ≥ 5 CD138 positiven Zellen/HPF angenommen.

Gruppe 1n = 2742 ohne Endometritis (< 5 CD138/HPF) 
 „Rest“ (n = 1261) mit Endometritis (≥ 5 CD138/HPF) erhielt 200 mg Doxycyclin/d über 14d 
Gruppe 2Re-Biopsie nach Doxycyclin (n = 927) 
 CD138 < 5    n = 733 
 CD138 ≥ 5    n = 194 (= 20,9% persistierende Infektion) 
 erhielten 2. Therapielinie mit Levofloxacin/Metronidazol 
Gruppe 3keine Re-Biopsie nach Doxycyclin (n = 334) 

Im Ergebnis zeigten sich zwischen den 3 Gruppen keine signifikanten Unterschiede der Implantations-, der EU-, der klinischen Schwangerschafts- sowie der Lebendgeburtenraten. Innerhalb der Gruppe 2 (nach Doxycyclin) wies die Subgruppe mit einer persistierenden Endometritis allerdings eine signifikant niedrigere klinische Schwangerschafts- und Lebendgeburtenrate auf.

Die Autoren schlussfolgerten aus ihren Ergebnissen, dass eine Re-Biopsie nach Doxycyclin-Behandlung (Gruppe 2 mit vs. Gruppe 3 ohne Kontrollbiopsie) das Therapie-Outcome nicht signifikant beeinflusst und wiederholte Biopsien daher nicht erforderlich sind. Außerdem konstatierten sie, dass eine Erstlinientherapie mit Doxycyclin bei Frauen mit CD138 ≥ 5 das Ergebnis der Kinderwunsch-Behandlung signifikant verbessert (Vergleich der beiden Subgruppen aus Gruppe 2).
Neben dem retrospektiven Design ist eine Schwäche der Studie die fehlende Angabe, um den wievielten Therapiezyklus es sich handelt. Anzunehmen ist also, dass ein gewisser Anteil kein wiederholtes Implantationsversagen aufweist, also die Indikation zur Diagnostik sowie anschließenden antibiotischen Therapie fragwürdig ist. Man kann natürlich den Vergleich der Gruppe 2 und 3 in den Vordergrund rücken. Betrachtet man aber den signifikanten Unterschied in den re-biopsierten, Doxycyclin-therapierten Subgruppen aus Gruppe 2 und die immerhin etwa 20% mit weiterhin bestehender Endometritis könnten letztere durchaus von einer Zweitlinientherapie profitieren. Das wäre dann eher eine Motivation zur Re-Biopsie. Aussagen zum Ergebnis nach Zweitlinientherapie finden sich in der Publikation nicht.
Für eine besser basierte Aussage zum Nutzen einer Re-Biopsie bedarf es also weiterer Untersuchungen.

Prof. Dr. med. Frank Nawroth