Neues aus der Wissenschaft

15.03.2022 | Endometriumdicke und assistierte Reproduktion

In der Kinderwunschbehandlung spielt die Beurteilung der Endometriumdicke eine große Rolle. Viel diskutiert wird die „optimale“ Dicke inklusive „cut off“, ab dem sich das Outcome der Therapie relevant verbessert. Die nachfolgend dargestellte Arbeit ist interessant, weil sie das Thema auf der Basis des bisher größten publizierten Patientenkollektivs beleuchtet (Mahutte et al. Optimal endometrial thickness in fresh and frozen-thaw in vitro fertilization cycles: an analysis of live birth rates from 96,000 autologous embryo transfers. Fertil. Steril. 2022; Jan 30: Online ahead of print, https://doi.org/10.1016/j.fertnstert.2021.12.025).
In einer retrospektiven Kohortenstudie (IVF -  und Kryo -Zyklen aus dem Kanadischen ART-Register von 1/2013 – 12/2019) wurden 43 383 IVF- und 53 377 Kryo -Zyklen eingeschlossen. Ausgewertet wurde die Endometriumdicke in Korrelation zur klinischen Schwangerschaftsrate (SS-Rate), Abortrate und Lebendgeburtenrate (LGR). In den IVF -Zyklen wurde die Endometriumdicke am Tag der Ovulationsinduktion betrachtet, in den supplementierten Kryo -Zyklen am Tag der erstmaligen Progesterongabe sowie in den spontanen Kryo -Zyklen am Tag des LH-Anstieges bzw. der HCG-Gabe.
In den IVF -Zyklen zeigte sich eine Assoziation zwischen der zunehmenden Endometriumdicke und einem signifikanten Anstieg der Eizellzahl, der Höhe des Peak-Östradiolwertes, der klinischen SS-Rate, der LGR sowie mit einem Abfall der Abortrate. Der Anstieg der LGR erreichte allerdings ein Plateau bei einer Endometriumdicke von 10-12 mm. Alle 2 mm Dickenzunahme des Endometriums kam es zu einem signifikanten Anstieg der LGR, endend bei 12 mm. Bei einer Dickenzunahme > 12 mm zeigte sich keine signifikante Veränderung mehr. Die Verbesserung der LGR mit der Endometriumdicke war unabhängig vom Alter der Patientin, dem Zeitpunkt des Embryotransfers („Cleavage stage“ vs. Blastozyste) und der Anzahl gewonnener Eizellen.
In den Kryo -Zyklen dagegen erreichte der LGR-Anstieg das Plateau bereits bei einer Endometriumdicke von 7-10 mm. In der Altersgruppe < 35 Jahre sowie 35-39 Jahre stieg die LGR bereits ab einer Endometriumdicke von 7 mm nicht mehr signifikant.
Es gab oberhalb der genannten Plateaus (10-12 mm bei IVF -Zyklen bzw. 7-10 mm in Kryo -Zyklen) aber auch keinen negativen Einfluss auf das Outcome. Frühere Studien hatten das vor allem bei einer Endometriumdicke > 13-15 mm beschrieben und spekuliert, dass dafür versteckte Endometriumpathologien verantwortlich sein könnten. In den in dieser Studie untersuchten Kollektiven war das auch bei einer Endometriumdicke ≥ 18 mm nicht der Fall.
Sowohl in den IVF - als auch Kryo -Zyklen sank die LGR bei einer Endometriumdicke < 6 mm deutlich.

Prof. Dr. med. Frank Nawroth