Neues aus der Wissenschaft

01.07.2020 | Lebendgeburtenrate für ein zweites Kind nach erfolgreicher assistierter Reproduktion

Die meisten Paare mit unerfülltem Kinderwunsch wünschen sich bereits mit Beginn ihrer Behandlung mehrere Kinder. Für die Beratung dieser Paare ist es wünschenswert, nach erfolgreicher assistierter Reproduktion (ART) und Geburt des ersten Kindes auf verlässliche Daten zur Erfolgsaussicht weiterer Behandlungszyklen mittels IVF oder ICSI zurückgreifen zu können. Eine australisch-neuseeländische Studie hat jetzt anhand der Daten von 35.290 Patientinnen nach erfolgreicher erster ART die Faktoren für eine Wiederaufnahme der Therapie sowie die zu erwartenden kumulativen Lebendgeburtenraten (LGR) berechnet (Paul et al. Cumulative live birth rates for women returning to ART treatment for a second ART-conceived child. Hum. Reprod. 2020; May 8 [Epub ahead of print]).

Innerhalb des betrachteten Zeitfensters von 7 Jahren stellten sich 43% (n = 15.325) aller Patientinnen zur erneuten ART vor, 95% davon innerhalb der ersten 3 Jahre nach Geburt des ersten Kindes. Unter anderem für jüngere Frauen (< 30 Jahre) sowie nach Gewinnung von mehr Eizellen war eine Wiederaufnahme der Therapie für ein zweites Kind wahrscheinlicher. In 73% der die Behandlung wieder aufnehmenden Patientinnen wurde diese zunächst mit eingefrorenen Embryonen aus der vorherigen erfolgreichen ART fortgeführt. Tendenziell zeigte sich nicht nur im ersten Zyklus, sondern auch in nachfolgenden (bis zu 6) Zyklen eine höhere LGR für Therapien, die zunächst unter Verwendung eingefrorener Embryonen erfolgten (43,4% vs. 31,3%). Die kumulative LGR lag in dieser Gruppe nach optimaler Schätzung (unter der Annahme, dass auch alle die Therapie frühzeitig abbrechenden Paare mit der gleichen Wahrscheinlichkeit wie die verbleibende behandelte Gruppe schwanger würden) bei 81,4% nach dem dritten Therapiezyklus. In der Gruppe mit erneuter ovarieller Stimulation wurde unter dieser Annahme eine kumulative LGR von 56,4% berechnet. Für jüngere Frauen (< 30 Jahre) ergaben sich keine Unterschiede in den LGR zwischen der Gruppe mit eingefrorenen versus nach erneuter ovarieller Stimulation entstandenen/transferierten Embryonen.

Bei der Entscheidung für ein zweites Kind und die Wiederaufnahme der Kinderwunschbehandlung sind insgesamt gute Erfolgschancen einer ART zu erwarten, welche insbesondere vom weiblichen Alter abhängen.

Prof. Dr. med. Barbara Sonntag