Neues aus der Wissenschaft

15.06.2017 | Allgemeines Wohlbefinden und Depressivität bei Anwenderinnen kombinierter oraler Kontrazeptiva

Kombinierte orale Kontrazeptiva gehören zu den sichersten und meistverwendeten Verhütungsmittelnn. Ihre hohe Wirksamkeit beruht vor allem auf einer zuverlässigen und regelmäßigen Einnahme. Den Einfluss der Präparate auf das allgemeine Wohlbefinden und die Depressivität der Anwenderinnen als mögliche Ursache einer hohen Rate nicht eingenommener Tabletten oder der vorzeitigen Beendigung der Einnahme untersuchte jetzt eine schwedische Placebo-kontrollierte Studie mit 340 Teilnehmerinnen, von denen rund die Hälfte zu der Wirkstoffgruppe (30 µg Ethinylestradiol und 150 µg Levonorgestrel monophasisch im 21/7-Schema) randomisiert worden war (Zethraeus et al. A first-choice combined oral contraceptive influences general well-being in healthy women: a double-blind, randomized, placebo-controlled trial. Fertil. Steril. 2017; 107: 1238-1245). 

Die Frauen mussten über den Studienzeitraum von 3 Monaten gleichzeitig eine nicht-hormonelle Verhütung durchführen. Primäre Studienziele wurden mittels Fragebögen erfasst: das allgemeine Wohlbefinden (Psychological General Well-Being Index, PGWBI), sowie die Depressivität (Beck Depression Inventory, BDI). Am Studienende zeigte die OC-Gruppe ein signifikant niedrigeres Ergebnis im PGWBI (-4,12, 95%-Konfidenzintervall [KI] -7,18 - -1,06, p = 0,085) und auch in den einzelnen Dimensionen positives Wohlbefinden (-3,90, p = 0,00492), Selbstkontrolle (-6,63, p = 0,0046) und Vitalität (-6,84, p = 0,0008), jedoch nicht Ängstlichkeit, Depressivität und allgemeine Gesundheit. Es zeigte sich auch keine signifikant zunehmende Depressivität im BDI (0,85, KI -0,66 – 2,36, p = 0.2664). Der Anteil von 35% Frauen mit einer moderaten bis schweren Einschränkung des Wohlbefindens in beiden Gruppen bei Studienbeginn erhöhte sich auf 44% in der OC- und 38% in der Kontrollgruppe am Studienende. Der Anteil von 7% mit moderaten bis schweren depressiven Symptomen blieb auch am Studienende in beiden Gruppen unverändert. 

Somit ist durchaus von einem Einfluss zumindest der hier eingesetzten kombinierten oralen Kontrazeptiva auf das allgemeine Wohlbefinden auszugehen. Der Effekt wird zwar als klein bis moderat eingeschätzt, könnte aber von einzelnen Patientinnen durchaus als klinisch relevant erlebt werden und zu einem Absetzen des Präparates beitragen. Beruhigend auch für die tägliche Beratung ist hingegen der fehlende Effekt einer vermehrten Depressivität durch kombinierte orale Kontrazeptiva in diesem Studienkollektiv.


Prof. Dr. med. Barbara Sonntag